[ProtaTalk] mit Cam, Gabriel und Jules aus "Die Totenbändiger - Unheilige Zeiten"



London, Stadtvilla Hunt im Cresent Drive

Diesmal hat mich mein Portal in ein alternatives London gebracht. Eigentlich sieht es hier nicht anders aus als in dem London, was ich aus meiner Welt kenne. Eigentlich, denn wenn mich meine Augen nicht trügen, dann kann ich da hinten einen Schemen erkennen. Okay, schnell weg, ich muss sowieso zu meinem Interviewtermin. Am Ende der Straße finde ich die richtige Adresse und stehe erst mal vor einem hohen Eisenzaun. Dahinter kann ich eine alte Villa erkennen, gesicherte Fenster und Türen, einen Vorgarten mit vielen Sträuchern und im hinteren Garten eine hohe Weißdornhecke. Dahinter scheint der Wald des Hampstead Heath zu beginnen. 
© pixabay
Wow, irgendwie beeindruckend, aber auch ein wenig gruselig. Es sind ja aber auch keine einfachen Zeiten hier. Kaum dass ich die Klingel betätigt habe, kommen schon zwei junge Männer aus dem Haus und öffnen mir das Tor.
Der eine ist dunkelblond, groß und sportlich und ich schätze ihn auf Mitte zwanzig. Der andere ist deutlich jünger, sechzehn oder siebzehn vielleicht. Er hat strubbeliges schwarzes Haar, ist klein und sehr schmal. Beide tragen verschlungene schwarze Linien an ihren Schläfen, ähnlich wie ein Tribaltattoo.


Der große, ziemlich gut aussehende Typ begrüßt mich.
Hi, ich bin Gabriel, das ist mein Bruder Cam. Komm rein. Der Rest der Familie ist gerade ausgeflogen, wir haben also unsere Ruhe.

Gemeinsam gehen wir in die Küche, wo Kaffee, Tee und Kekse bereitstehen.

Ich: Vielen Dank, dass ich heute hier sein und euch interviewen darf. An euren Schläfen kann ich die Linien erkennen, die euch als Totenbändiger kennzeichnen. Was bedeutet das denn? Also was macht euch so besonders und wie unterscheidet ihr euch von den „normalen“ Menschen?

Cam: Alle Totenbändiger werden mit diesen Linien an der Schläfe geboren. Warum das so ist, weiß kein Mensch. Sie sind einfach da und wir dürfen sie nicht verstecken. Viele Menschen haben Angst vor uns, weil wir mit unseren Kräften nicht nur die Geister bändigen können, wir können damit auch Menschen töten. Deshalb halten uns viele für Freaks und meiden uns. Das Mal an unseren Schläfen hilft ihnen dabei, uns zu erkennen. Deshalb dürfen wir es nicht verstecken. Jeder soll sofort sehen können, wenn er es mit einem Totenbändiger zu tun hat.
Gabriel (verdreht die Augen und knufft seinem Bruder gegen die Schulter): Himmel, jetzt erzähl doch nicht bloß die negativen Dinge! (wendet sich mir zu) Ein Totenbändiger zu sein, ist ziemlich cool. Wir können unsere Lebensenergie als Silbernebel bündeln und damit die Todesenergie von Geistern einfangen und eliminieren. So vernichten wir die Biester. Außerdem können wir uns mit dieser Silberenergie gegenseitig helfen. Wenn zum Beispiel jemand in einem Kampf zu viel eigene Energie eingebüßt hat, können wir uns gegenseitig mit Energie aushelfen. Auch Normalos, also Menschen, die keine Totenbändiger sind, können wir so nach einem Geisterangriff retten, wenn die Biester nicht zu viel Energie genommen haben.

Ich: Also schön finde ich es nicht, wenn ihr da so ausgegrenzt und gemieden werdet. Aber irgendwie klingt es auch richtig toll, vor allem, wenn man sich gegenseitig helfen kann. Ich habe auf der Straße überall munkeln hören, dass ihr euch aktuell in einem Unheiligen Jahr befindet. Sie schienen mir doch alle sehr verängstigt zu sein. Was hat es denn damit auf sich?

Gabriel: Unheilige Jahre gibt es alle dreizehn Jahre. Dann sind Geister und Wiedergänger besonders gefährlich. Sie sind aggressiver, verwandeln sich schneller und werden schneller stärker. In einem Unheiligen Jahr muss man vor den Biester daher noch mehr auf der Hut sein als sowieso schon.

Ich: Na da hab ich mir ja wieder den besten Zeitpunkt für meine Reise hierher ausgesucht^^ Jetzt habe ich eine Frage speziell an dich, Gabriel. Ich habe gehört, du arbeitest bei der Spuk Squad der Londoner Polizei. Was ist denn da genau dein Job und macht er dir Spaß?


Gabriel: Definitiv. Ich liebe meinen Job. Die Spuk Squad hat im Prinzip zwei große Aufgabenbereiche. Geister entstehen, wenn Menschen gewaltsam aus dem Leben gerissen werden. Das heißt, bei jedem Mord entsteht so ein Biest. Der Geist hat dann nichts mehr mit dem Menschen gemeinsam, aus dem er entstanden ist. Er ist nur ein rachsüchtiger Seelenloser, der nach dem Leben giert, das ihm so plötzlich entrissen wurde. Deshalb trachten Geister den Menschen nach ihrer Lebensenergie und wollen sie aussaugen. Die Spuk Squad ist daher die erste Einheit, die zu einem Tatort geschickt wird. Wir müssen die Geister der Opfer bändigen, bevor die Kollegen der Mordkommission übernehmen können. Die zweite Aufgabe der Spuks ist die Sicherung des Stadtteils ihres jeweiligen Reviers. Geister verstecken sich vor dem Tageslicht oft in leer stehenden Gebäuden oder Parks. Dort gibt es immer irgendwelche Erdlöcher, Tierbauten, hohle Bäume und Ähnliches, in denen sie sich verkriechen können. Zur Dämmerzeit kommen sie dann heraus, um auf die Jagd nach Lebensenergie zu gehen. Die Spuk Squads versuchen, sie vorher abzufangen und zu eliminieren, um für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen.

Ich: Das klingt auf jeden Fall nach einem abwechslungsreichen Job. Cam, du bist ja noch etwas jünger und gehst noch zur Schule. Ich hab von dem Projekt gehört, dass man Totenbändiger-Kinder gemeinsam mit „normalen“ unterrichtet. Was hat es denn damit genau auf sich?


Die Akademie
© Nadine Erdmann/Greenlight Press
Cam (seufzt): Ich hab ja schon gesagt, dass viele Menschen Angst vor Totenbändigern haben, deshalb dürfen wir auch nicht auf öffentliche Schulen gehen. Wir werden zu Hause unterrichtete oder gehen in die Akademie der Totenbändiger. Sue und Phil, meine Pflegeeltern, haben aber jahrelang dafür gekämpft, dass wir auch auf normale Schulen gehen dürfen, und dieses Jahr hat es jetzt geklappt. Jules, Ella und ich dürfen für unser Abschlussjahr auf die Ravencourt Comprehensive gehen und da unser Abi machen.

Ich: Und wie ist es so an der Schule?

Cam (wieder mit einem Seufzen): Na ja, es ist ein wichtiger Schritt für mehr Gleichberechtigung für uns Totenbändiger. Und viele Leute in der Schule sind auch ganz okay. Andere aber halt auch nicht. Die hassen es, dass wir da sind. Aber wir hoffen, dass das noch besser wird.

Ich: Da drücke ich auf jeden Fall alle Daumen. Aber das wichtigste ist doch, dass es wenigstens ein paar gibt, die keine Probleme damit haben und dem offen gegenüber stehen. Okay, gehen wir mal ans Eingemachte. Wie sieht es denn in eurem Liebesleben aus? Gibt´s da jemanden oder seid ihr noch Single? Und stimmt es eigentlich, dass alle Totenbändiger pansexuell sind?

Gabriel: Yep, sind wir. Und nein, bei mir gibt es zur Zeit keinen Herzensmenschen. Ich bin ganz gerne Single und hab Spaß.
Cam (druckst ein bisschen herum): Bei mir gibt es schon jemanden, aber das ist kompliziert.


Ich: Kompliziert klingt nicht so toll. Aber ich werde jetzt mal nicht näher nachfragen, denn du scheinst ja nicht darüber reden zu wollen – und das ist völlig okay.


Bevor ich zu meiner kleinen Schnellfragerunde übergehen kann, hören wir das Zuschlagen einer Tür. Anscheinend ist jemand von der Familie nach Hause gekommen. Wenige Sekunden später steht ein junger Mann in der Tür. Ich schätze ihn auf Cams Alter, aber er ist größer, schlank und sportlich und wie Gabriel sieht er ziemlich gut aus. Vor allem seine schneeweißen Haare sind ein ziemlicher Hingucker, genauso wie die Totenbändigerlinien an seiner Schläfe. Er grinst in die Runde, als er uns am Küchentisch sitzen sieht, und fährt sich lässig durch seinen Haarschopf.

Jules: Hi, ich bin Jules. Sorry, wenn ich hier so reinplatzte. Ich bin sofort wieder weg, wenn ich störe.
Ich: Ach Quatsch, du kannst gerne bleiben. Ich schätze, du bist dann wohl noch ein Bruder?
Jules: Yep. Meine Eltern haben Gabriel, Cam und Ella als Pflegekinder aufgenommen.
Ich: Cool. Wenn du magst, kannst du gerne bei der Schnellfragerunde mitmachen.
Jules (setzt sich zu uns an den Tisch): Sicher. Schieß los.
Ich: Süß oder Sauer?
Jules: Ehm, keine Ahnung. Beides?
Cam: Bei der Auswahl – süß.
Gabriel (grinst unverschämt): Scharf.
Jules und Cam verdrehen die Augen und boxen ihm schnaubend gegen Brust und Oberarm. Gabriel lacht bloß und fängt geschickt ihre Fäuste ein, bevor sie ihn weiter knuffen können.

Ich (lacht): Na das kann ja heiter werden. Tee oder Kaffee?
Gabriel: Kaffee. Literweise. Sonst hält man die Nachtschichten als Spuk nicht durch.
Jules: Morgens Kaffee, sonst Tee.
Cam: Yep. Ich auch.

Ich: Was haben denn alle immer mit Kaffee? Naja ... Sommer oder Winter?
Alle drei: Sommer.
Gabriel: Im Winter sind die Tage kürzer, deshalb ist diese Jahreszeit für uns gefährlicher.

© pixabay
Ich: Unter den Umständen würde ich den Sommer wohl auch bevorzugen. Hund oder Katze?
Cam: Beides.
Jules: Auf jeden Fall. Wir haben zwei kleine Kater und einen Dackel. Wundert mich, dass die noch nicht aufgetaucht sind. Sonst sind sie neugierig hoch zehn.
Gabriel: Vermutlich sind sie gerade irgendwo im Haus schwer damit beschäftigt, Chaos zu stiften.



Ich (lacht): Die drei sind mir jetzt schon sympathisch. Vielleicht lerne ich sie bei meinem nächsten Besuch ja kennen. Lieblingsessen?
Alle drei: Pizza!

Ich (lacht): Können wir das noch alle zusammen machen? Was sind eure Hobbys?
Gabriel: Ich treffe mich gern mit Freunden im Mean & Evil. Das ist ein Pub, in dem viele Totenbändiger abhängen. Zählt das als Hobby?
Cam: Ich geh gern joggen.
Jules: Ich hab eine Clique, die sich im Park trifft. Da hängen wir dann rum. Oft spielen wir auch Basketball oder Fußball. Und ich interessiere mich für Medizin. Mein Vater ist Arzt, genauso wie mein Großvater einer war, und noch drei andere Vorväter. Liegt irgendwie in unseren Genen, schätze ich. Ich hoffe, ich kann nach der Schule Medizin studieren. Als Totenbändiger ist das nicht so einfach.

Geister und Wiedergänger
© Nadine Erdmann/Greenlight Press
Ich: Das mit dem Pub klingt toll. Und dir, Jules, drücke ich die Daumen, dass dein Wunsch in Erfüllung geht. Was ist das Gruseligste, was ihr in Bezug zu Geistern und Wiedergängern je erlebt habt?
Gabriel: Oh Mann, da gibt es ehrlich gesagt eine ganze Menge. (grinst) Das solltest du besser in unseren Büchern nachlesen, sonst würden wir jetzt nur spoilern.


Ich: Das werde ich auch ganz sicher tun. (zwinkert) Eine letzte Frage habe ich jetzt noch an euch, dann seid ihr erlöst. Wenn ihr die Chance hättet, die Autorin eures Buches zu treffen, was würdet ihr ihr sagen wollen? 
 
Cam: Bitte gib mir die Erinnerungen an die ersten Jahre meines Lebens zurück. Und es wäre auch toll, wenn die beschissenen Albträume aufhören würden, oder ich mich zumindest nach dem Aufwachen erinnern könnte, wovor ich solche Panik hatte.
Jules und Gabriel tauschen einen kurzen Blick.
Jules: Ja, ich denke, das würde ich mir von ihr auch wünschen.
Gabriel: Und dass sie uns den Dreckskerl schnappen lässt, der Cam damals gequält hat. Und ich sage hier jetzt besser nicht, was ich mit diesem Schwein dann machen werde …

Ich: Ich glaube, ich kann es mir auch so ganz gut vorstellen. Ich werds ihr ausrichten und mit Nachdruck darauf pochen, dass sie das auch macht. Vielen Dank, dass ihr euch meinen vielen Fragen gestellt habt. Und auch dir, Jules, danke ich, dass du jetzt spontan auch noch mitgemacht hast. Leider muss ich jetzt gehen, sonst erreiche vor Einbruch der Dunkelheit mein Portal nicht. Und auf Geisterbesuch kann ich ehrlich gesagt verzichten.
Gabriel: Ja, das ist verständlich. War schön, dass du hier warst.
Cam: Yep. Komm sicher heim.
Jules: Genau. Und danke, dass ich spontan mitmachen durfte.

Die drei begleiten mich noch zum Tor und winken mir zum Abschied. Danach beeile ich mich, denn so langsam wird es doch schon ein wenig dunkler. Schnell bin ich bei meinem Portal angekommen und kann wieder in meine Welt ohne Geister.

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Cam, Gabriel und Jules haben mir in dem Interview einen kleinen Einblick in ihre Geschichte gegeben. Möchtet ihr mehr über ihre Geschichte und die Totenbändiger erfahren? 

Dann solltet ihr euch das Buch „Die Totenbändiger - Unheilige Zeiten“ von Nadine Erdmann mal genauer anschauen. Mehr Informationen findet ihr auch auf der Webseite der Autorin (👉hier)


Klappentext: Stell dir vor, du lebst in einer Welt, in der Geister zum Alltag gehören. Jeder sieht sie und jeder weiß, wie gefährlich sie uns Menschen werden können. In dieser Welt gibt es Verlorene Orte, die man den Geistern überlassen musste, und Unheilige Zeiten, in denen die Toten besonders gefährlich sind.

Camren Hunt ist ein Junge ohne Vergangenheit. Im vergangenen Unheiligen Jahr fand man ihn im Keller eines verlassenen Herrenhauses – umgeben von Leichen mit durchschnittenen Kehlen. Niemand weiß, was dort passiert ist, nicht einmal Camren selbst.
Jetzt, dreizehn Jahre später, schlagen sich die Menschen durch ein weiteres Unheiliges Jahr, in dem Geister und Wiedergänger noch gefährlicher sind als sonst. Plötzlich tauchen erneut Leichen mit durchschnittenen Kehlen auf … [Cover-/Textquelle: Nadine Erdmann]

2 Kommentare:

  1. Hallo Andrea :)
    Etwas verspätet habe ich nun auch mal den ersten Prota-Talk gelesen und hatte sehr viel Spaß :D Ich kenne die drei Brüder ja inzwischen auch schon ziemlich gut und ihr habt sie hier echt gut eingefangen :D
    Am meisten lachen musste ich bei Gabes Antwort "scharf", das passte einfach so gut zu ihm :) Sehr genial und eine tolle Vorstellung der Protas auf eine abwechslungsreiche Weise :)
    Liebe Grüße
    Dana

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