München
Endlich mal wieder auf dem Weg zu einem Interview – diesmal hat es mich nach Bayern, genauer nach München verschlagen. Also wohnen möchte ich hier nicht, ist mir eindeutig zu groß und zu viel los. Mit meinen beiden Interviewpartnern bin ich in einem kleinen Café verabredet. Wahrscheinlich sind die beiden auch schon da, wie üblich bin ich mal wieder nicht die Pünktlichkeit in Person. Ich betrete das Café und schaue mich um. Die beiden sind schnell gefunden … scheinen sie doch die einzigen jüngeren Personen in diesem Café zu sein. Der eine ist eher leger gekleidet in Jeans und Shirt, hat dunkle Locken und braune Augen. Der andere hat dunkelblonde Haare, einen Seitenscheitel und so einige Sommersprossen im Gesicht. Ich gehe auf ihren Tisch zu.
Ich: Hallo, seid ihr Noël und Matti?
Matti: Ja, hi, ich bin Matti und das ist Noël. (nach einem kurzen Zögern stolz) Mein Freund.
Noël (lächelt): Hallo.
Die beiden sind schon niedlich. Ich setze mich zu ihnen und schon steht auch ein Kellner neben mir. Ich gebe meine Bestellung auf – eine heiße Schokolade – und dann wende ich mich meinen Interviewpartnern zu.
Ich: Danke, dass ihr euch ein bisschen Zeit für mich genommen habt. War ja für euch sicherlich auch nicht einfach, eure gemeinsame Zeit ist ja auch knapp bemessen. Wie lebt es sich denn in einer Fernbeziehung?
Die beiden tauschen einen langen Blick.
Noël: Ach, es geht schon. Ich würde Matti natürlich gern öfter sehen, aber unsere Eltern sind zum Glück sehr gechillt und erlauben, dass wir uns fast jedes Wochenende gegenseitig besuchen.
Matti: Ja, und manchmal unternehmen wir auch alle zusammen was.
Ich: Das klingt doch wirklich gut. Wie habt ihr euch denn kennengelernt? Zufällig in derselben Stadt über den Weg laufen, ist ja relativ unwahrscheinlich.
Matti: Nee, das war in einem Feriencamp, letzten Sommer, am Bodensee. (kichert leise) Noël hatte eigentlich gar keinen Bock auf das Camp.
Ich: Feriencamp … da werden bei mir gleich wieder Erinnerungen wach. Seid ihr denn gerne in solchen Camps? Und was habt ihr in besagtem Sommer so alles Neues und Lustiges erlebt?
Noël: Matti schon, ich nicht so. War mein erstes Mal und wie er gesagt hat, hatte ich eigentlich gar keine Lust. Ich wollte eigentlich mit meiner Familie an die Côte d’Azur fahren. Aber dann war das Camp überraschenderweise sehr cool.
Matti (grinsend): Wegen mir.Noël (ein bisschen verlegen): Klar wegen dir. Aber auch wegen Nini.
Matti: Und wir haben richtig coole Sachen gemacht. Wasserski fahren, Kanutouren…
Noël: Und Geocaching.
Ich: Klingt auf jeden Fall aufregend. Und ich möchte wahrscheinlich lieber nicht wissen, warum du das Geocaching so betonst. (zwinkert) Kommen wir mal zu einem etwas ernsteren Thema. Für euch beide war Coming Out sicher ein bedeutendes Thema. Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht und ist es für euch wichtig, dass alle wissen, wen ihr liebt?
Noël: Magst du anfangen?
Matti: Okay. Ja, für mich war es eigentlich nicht so schwierig. Meine Mam war da sehr entspannt und eigentlich hatte ich auch gar kein so richtiges Coming Out vor ihr. Sie hat mich einfach irgendwann gefragt, ob ich eigentlich Jungs spannender finde als Mädchen, und das war’s dann. Und in der Schule … na ja, ich… hab da nicht so viele Kontakte. Wegen einer anderen Sache. Von daher… Aber ich finde es schon wichtig, dazu zu stehen. Ist ja nichts, was man verheimlichen müsste.
Noël: Ja, das sehe ich auch so. Aber ich hab echt ’ne Weile gebraucht, bis ich mich getraut habe, offen zu sagen, dass ich auf Jungs stehe. Ich wusste es eigentlich schon lange, aber hatte echt Angst davor, deswegen ausgegrenzt zu werden. Zuerst hab ich mich vor meinem besten Freund geoutet und er hat super reagiert. Vor meinen Eltern war es aber noch mal schlimm. Oder eher: Ich hab mir schlimme Sorgen gemacht, aber am Ende war es dann toll, wie positiv sie reagiert haben. In der Schule gibt’s halt Idioten, die deswegen dumme Sprüche reißen, aber na ja… mittlerweile kann ich da drüberstehen. Halt auch, weil ich tolle Freunde habe. Und Matti. Der erste Schritt war echt schwer, aber jetzt bin ich umso glücklicher, mich nicht verstecken zu müssen. Das ist echt wichtig, finde ich.
Ich: Das freut mich, Noël. Schön, dass euch eure Familie und Freunde da so unterstützt haben. Zeit für eine kleine Schnellfragerunde. Lieblingsgebäck?Noël: Eclairs. Die echt französischen.
Matti: Schokomuffins.
Ich: Einen Schokomuffin würde ich auch gerne nehmen. Buch oder Film?
Noël: Buch. Aber noch lieber Hörbuch.
Matti: Eher Film.
Ich: Ich bin eher Buch, was keine Überraschung ist^^ Lieblingssport?
Noël: Pfff. Zählt Segeln als Sport?
Matti: Volleyball und Wasserski.
Ich: Segeln ist definitiv Sport. Ihr seid ja beide noch ziemlich jung. Habt ihr denn schon Pläne für die Zukunft?
Noël (strahlend): Für immer zusammen bleiben.
Matti: Ich glaube, sie meint beruflich. Aber ja, das wäre schön.
Noël: Ach so. Hmm, vielleicht was in Richtung Ingenieur. Oder vielleicht sogar Lehrer.
Matti: Ich möchte gern was Soziales machen. Vielleicht was mit Kindern oder was im Gesundheitswesen.
Ich: Spannende Berufswünsche, viel Erfolg dabei. Aber auch zusammen bleiben ist ein toller Plan. Eine allerletzte Frage hab ich noch für euch, dann seid ihr erlöst (zwinkert). Wenn ihr die Autorin eures Buches treffen könntet, was würdet ihr ihr sagen wollen?
Noël: Dass ich total glücklich bin, Matti gefunden zu haben und zu mir selbst stehen zu können.
Matti: Ja, das finde ich auch toll. Aber sie hätte uns an manchen Stellen etwas mutiger machen können. Dann hätten wir vielleicht beide das eine oder andere früher ausgesprochen. Aber am Ende ist ja dann doch alles gut geworden. Also… fast alles. Aber mit Noël ist auch das okay.
Ich (schmunzelt): Das werde ich ihr ausrichten. Vielen Dank für eure Zeit und dass ihr euch meinen Fragen gestellt habt. Ich wünsche euch alles Gute für die Zukunft. Ich muss dann leider auch wieder los. Es hat mich aber sehr gefreut, mit euch zu quatschen.
Matti: Uns hat’s auch gefreut, oder? War cool.
Noël: Ja, fand ich auch. Mach’s gut, Andrea.
Ich gehe noch schnell an die Theke, um mein Getränk zu bezahlen und mache mich danach wieder auf den Weg zum Bahnhof. Die beiden Jungs sind einfach Zucker und ich hoffe sehr, dass sie gemeinsam ihren Weg finden werden.
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Klappentext: Der langersehnte Segelurlaub an der Côte d’Azur fällt aus. Stattdessen
findet sich Noël in einem Feriencamp am Bodensee wieder – in einem
Tretboot. Zu allem Überfluss kann Noël nicht mal richtig schlecht
gelaunt sein, denn da ist dieser Matti, der mit seinem strahlenden
Lächeln und dem Leuchten in seinen Augen einfach alle um ihn herum
fröhlich zu machen scheint.
Bei Wasserski, Geocaching und Lagerfeuer
kommen sich die beiden Jungs näher und schnell ist für beide klar: Sie
müssen sich nach den Sommerferien unbedingt wiedersehen.
Doch dann
reißt der Kontakt zu Matti plötzlich grundlos ab. Noël ist sich sicher:
Da muss irgendetwas passiert sein! Aber wie soll er das herausfinden,
wenn mehrere hundert Kilometer zwischen ihnen liegen und seine Gefühle
für Matti vor seinen Eltern und Freunden ein Geheimnis sind? [Cover-Textquelle: Svea Lundberg]
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