Im Wald nahe dem kleinen Dörfchen Serna
Heute bin ich mal wieder in eine andere Welt verschlagen. Wobei … so anders als in den mir bekannten Wäldern sieht es hier auch nicht aus. Bäume, Bäume und noch mehr Bäume. Ich hoffe, mein Portal hat mich nicht allzu weit entfernt von meinem Ziel rausgeworfen. Denn eigentlich müsste hier irgendwo eine Hütte sein, in der meine beiden Interviewpartner wohnen. Naja, wird sich schon finden lassen. (läuft ein paar Minuten weiter) Ah, jetzt sehe ich doch tatsächlich endlich die Umrisse der Hütte, meine Güte, die ist wirklich sehr versteckt. Wird aber wahrscheinlich auch so gewollt sein. Kaum dass ich die kleine Lichtung um das Haus betrete, kommen zwei Personen aus der Hütte – woher wussten die, dass ich da bin? Der alte Mann stützt sich gebeugt auf einen Gehstock. Sein verkniffener Gesichtsausdruck sorgt nicht unbedingt dafür, dass ich mich hier willkommen fühle. Er scheint mich misstrauisch durch seine grauen Augen zu beobachten. Anders sieht es bei dem dunkelhaarigen jungen Mann aus, der sich sichtlich über Besuch freut. Er strahlt über das ganze Gesicht und winkt mir zu, als ich näher komme.
Ich: Hallo, ihr müsst Sam und Lias sein. Freut mich, euch kennenzulernen.
Sam
brummt nur abweisend, was Lias offensichtlich unangenehm ist. Er
lächelt entschuldigend. „Hallo Andrea, wir … ich freue mich
auch, dich kennenzulernen. Möchtest du dich setzen? Ich habe
uns einen Kräutertee aufgebrüht.“
Ich: Oh vielen Dank, den würde ich gerne nehmen. Danke, dass ihr euch meinen Fragen stellt. Zuerst einmal würde ich gerne wissen, warum ihr hier eigentlich so abgeschieden lebt. War nicht einfach zu finden und ich dachte schon, ich hätte mich verlaufen.
Lias
wirft Sam einen fragenden Blick zu bevor er antwortet: „Ja, wir
kriegen auch so gut wie nie Besuch.“ „Ist auch besser so!“,
grummelt Sam. „Muss niemand wissen, wo wir leben.“
Lias
wendet sich an Sam. „Aber sie ist nicht von hier. Das weißt du
doch. Also stellt sie keine Gefahr dar. Wir können offen mit ihr
reden, da bin ich sicher.“ Sam holt nur tief Luft, sagt aber nichts
mehr. Stattdessen habe ich beinahe das Gefühl, dass er allein durch
Blicke mit Lias kommuniziert. Ganz schön unhöflicher Kerl.
Ich: Ähm ja. Also ich werde niemandem etwas verraten, davon hätte ich auch gar nichts. Nach dem Interview gehe ich ja in meine Welt zurück. Ich weiß aus zuverlässiger und schweigsamer Quelle *hust .. Autorin*, dass ihr Magie beherrscht. Welche Art von Magie beherrscht ihr denn? Ist es hier normal, dass es Menschen mit diesen Fähigkeiten gibt? Und welche Gefahren sind damit verbunden?
Jetzt platzt es doch aus Sam heraus: „Magie! Pah! Ein Fluch ist das!“ Lias räuspert sich. „Man könnte es aber auch als Begabung bezeichnen. Wir können in den Gedanken und Erinnerungen der Menschen lesen, ihre Gefühle auffangen und ihre Aura sehen.“ Wieder sieht er kurz zu Sam hinüber, bevor er weiterspricht. „Ich glaube, das ist keine sehr weit verbreitete Fähigkeit. Ich kenne sonst niemanden, der das kann.“ Sam mischt sich wieder ein. „Und es sollte auch niemand davon erfahren.“ Sein misstrauischer Blick ruht auf mir.
Ich: Ich habs verstanden. In meiner Welt hätte auch niemand Interesse an solchen Fähigkeiten, denke ich. Sam, warum bezeichnest du es denn als Fluch?
Sam: „Es gibt zu viele Dinge, die ich gar nicht hören will. Hab genug menschliche Abgründe gesehen ... Es muss eine Strafe der Götter sein.“ Leise murmelnd setzt er nach: „Vielleicht habe ich sie verdient.“
Ich: Ähm ja. Okay, das lasse ich jetzt einfach mal so stehen. Auch wenn ich es ein bisschen verstehen kann, dass die Gedanken nicht immer schön sind. Lias, die nächsten Fragen geht mal nur an dich. Du bist ja noch jung, was würdest du denn später machen wollen? Und was würdest du gerne mal erleben?
Lias: „Oh das ist eine schwere Frage.“ Er überlegt und nestelt dabei am Saum seines Leinenhemdes. „Ich würde die Gabe gern einsetzen, um Gutes zu tun, um den Menschen zu helfen.“ Ein verlegendes Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen. „Vielleicht würde ich auch gern mehr von der Welt sehen. Früher sind wir öfter mal weitergezogen, aber ich kann nicht behaupten viele große Städte oder andere aufregende Orte gesehen zu haben.“ Sam räuspert sich. „Das hat ja auch Gründe. Es ist sicherer, abgeschieden von den Menschen zu leben.“ Er wirft Lias einen Blick zu, worauf Lias die Lider senkt. Scheinbar kein gutes Thema.
Ich: Das klingt auf jeden Fall nach schönen Plänen. Ich hoffe, du kannst einige davon wahr machen. Jetzt geht’s mal kurz ans Eingemachte. Wie sieht‘s denn in eurem Liebesleben aus?
Sam schüttelt lediglich den Kopf und lehnt sich auf seiner Bank zurück. Die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt. Von ihm werde ich wohl keine Antwort bekommen. Lias wird rot. „Na ja, ich … also. Ich habe einen Freund. Er heißt Arian und wohnt nicht weit von hier mit seinen beiden älteren Brüdern auf einem kleinen Hof. Wir sehen uns eigentlich fast jeden Tag.“
Ich: Oh wie süß. Da wünsche ich euch beiden auf jeden Fall eine schöne gemeinsame Zeit. Jetzt kommt eine kleine Schnellfragerunde. Schlaft ihr lieber unter freiem Himmel oder in der Hütte?
Sam: „Hütte.“
Lias: „Unter freiem Himmel kann auch schön sein, mit dem richtigen Menschen an meiner Seite …“
Ich: Oh ja, das glaube ich sehr gerne. Euer Lieblingsessen?Sam: „Hauptsache es macht satt.“
Lias: „Ich bin da eigentlich auch genügsam. Aber auf dem Markt in Serna verkaufen sie manchmal geröstete Kastanien. Die mag ich.“
Ich:
Genügsamkeit ist
nichts Schlechtes. Aber hin und wieder sollte man sich auch was
Gönnen. Bevorzugt ihr eher
Schwert oder Bogen?
Sam: „Im Zweifel das Schwert.“
Lias räuspert sich verlegen. „Ich fürchte, ich kann mit beidem nicht umgehen.“
Ich: Mir würde es ähnlich gehen. Im Zweifel verletze ich mir eher selbst als Andere. Eine letzte Frage habe ich noch an euch, dann muss ich leider schon wieder los. Wenn ihr die Autorin eures Buches treffen könntet, was würdet ihr ihr sagen wollen?
Sam murmelt ganz leise etwas. Klingt ein bisschen wie „Tut mir leid.“ Lias sieht daraufhin genauso verwirrt aus wie ich. Er holt Luft und zuckt mit den Schultern. „Ähm, wahrscheinlich würde ich Danke sagen, dafür, dass sie unsere Geschichte aufgeschrieben und mich begleitet hat.“
Ich: Das werde ich ihr auf jeden Fall ausrichten. In der Hoffnung, dass sie mit deiner Aussage, Sam, auch was anfangen kann. Vielen Dank für die Einblicke. Es hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht und ich konnte etwas Neues kennenlernen.
Sam scheint eher erleichtert zu sein, dass ich verschwinde. Von ihm ernte ich erneut nur ein Brummen. Aber Lias lächelt wieder so freundlich wie zu Beginn unseres Gespräches. „Ja, mich hat es auch sehr gefreut, dich kennenzulernen und mal Besuch zu haben.“
Lias ist wirklich ein netter Kerl und ich wünsche ihm nur das Beste. Ich hoffe, dass Sam zu ihm ein wenig freundlicher ist als zu mir. Aber jetzt sollte ich mich erst mal wieder um meine eigenen Probleme kümmern. Denn mein Portal möchte ja auch wiedergefunden werden. Aber zum Glück leuchtet es ja weithin, da kann ich es schon sehen. Auf geht’s wieder in die Heimat.
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Dann solltet ihr euch das neue Buch „Hinter dem Nebel“ von Saskia Diepold mal genauer anschauen. Mehr Informationen findet ihr auch bei der Autorin (👉 hier)
Klappentext: Denk an die oberste Regel! Erzähle niemandem davon!
Jahrelang
wurde Lias dieses Gebot eingebläut. Keine Menschenseele soll von der
Gabe erfahren, die ihn mit seinem Ziehvater Sam verbindet. Aber ist es
gerecht, dass Lias in den Gedanken seines Freundes lesen kann wie in
einem offenen Buch, während er selbst so ein großes Geheimnis mit sich
herumträgt? In einer schicksalsträchtigen Nacht entschließt er
sich dazu, die oberste Regel zu brechen und seinem Freund Arian endlich
die Wahrheit über sich zu erzählen. Dabei ahnt er nicht, welche
Ereignisse er damit in Gang setzt. Hinter dem Nebel beginnt Lias Suche
nach der Wahrheit, nach seiner Liebe und nach sich selbst. [Cover-/Textquelle: Saskia Diepold]
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